Linz, Ars Electronica Festival, Postcity Campus
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Der sog. “Pudertanz” war eine Performance, welche von Doris Uhlich konzipiert und bei der Eröffnung der Kulturhauptstadt 2024 in Bad Ischl aufgeführt wurde. Auch, wenn die besagte Performance nun schon mehrere Monate zurückliegt, wird diese immer noch heftig in den Medien diskutiert. Spannend ist, dass dieser Diskurs sich über die Grenzen Oberösterreichs streckt und medial vorrangig negativ behaftet ist.
Tanzende, nackte, ganz normale Menschen - teilweise im Rollstuhl sitzend oder den Bauch raushängen lassend - welche sich u.a. zu Vivaldi bewegten, treffen in der Kommentarsektion von Youtube und im echten Leben auf Empörung und unangebrachte Sexualisierung. Schön ist, dass diese Performance beinahe ganz Österreich auf sich aufmerksam gemacht hat und somit nicht nur mit Werten wie Tradition und Toleranzgrenzen spielt, sondern auch Schönheitsideale, Inklusion und Body Positivity in Frage stellt. Obwohl der Pudertanz ein ästhetischer, inklusiver und vor allem kritischer Versuch ist, die Engstirnigkeit der Bad Ischler*innen wortwörtlich abzuschütteln, interpretieren viele Österreicher*innen die Performance vollkommen anders. Seither musste die Künstlerin Doris Uhlich irrationale Kritik, sexistische Anfeindungen und sogar Vorwürfe zu Pädophilie über sich ergehen lassen.
Offensichtlich zeigt sich, dass Oberösterreich sich etwas Anderes vorgestellt hätte. Ein Land, welches von Tradition, Spießigkeit und Volksmusik durchzogen ist, hat (noch?) keinen Platz für normale, nackte Körper im künstlerischen Kontext, während ganzjährlich landesweit mit Bierkrug, Dirndl-Ausschnitt und Bierzeltschlägerei für die Erhaltung einer (Sauf-?)Kultur geworben wird. Bad Ischl war offensichtlich nicht bereit für eine Konfrontation mit menschlichen Menschen. Um eben diese Wünsche so sarkastisch und konträr wie möglich aufzuarbeiten, habe ich mich gefragt, was denn nun die ultimative Performance zum Schlichten aller Kritikpunkte wäre. Der nackte "Pudertanz" wird zu "Aschwrestling" im Dirndl.
Fotocredit: vog.photo